Das große Pilz-Lexikon

Alle Fachbegriffe von A bis Z einfach erklärt. Ihr unverzichtbares Nachschlagewerk für den Zuchterfolg.

Agar / Nährboden

Ein gelförmiges Medium, das durch die Zugabe eines Geliermittels (Agar-Agar) zu einer Nährlösung entsteht. Es dient als zweidimensionale Oberfläche für das Myzelwachstum. Gängige Rezepte sind MEA (Malzextrakt-Agar)oder PDA (Potato Dextrose Agar / Kartoffel-Glukose-Agar.

Agarplatten sind das Standardwerkzeug im mykologischen Labor. Sie werden verwendet, um Sporen keimen zu lassen, Gewebeproben von Fruchtkörpern zu klonen oder kontaminierte Kulturen durch Isolation einzelner Hyphenstränge zu „reinigen“ und so Reinkulturen zu gewinnen.

Autoklav (Autoclave)
  • Ein spezialisiertes Gerät aus dem Labor- oder Medizinbedarf, das entwickelt wurde, um Objekte mit gesättigtem Dampf unter hohem Druck präzise und zuverlässig zu sterilisieren.   
  • Dampfdrucktopf (Pressure Canner / Schnellkochtopf): Das funktionale Äquivalent zum Autoklaven für das Heimlabor. Durch den Aufbau von Druck (typischerweise 15 PSI) wird der Siedepunkt des Wassers von 100°C auf die für die Sterilisation erforderlichen 121°C angehoben. Er wird zur Sterilisation von Getreidegläsern (Körnerbrut), Substratbeuteln und Agar-Nährböden verwendet.
Dampfdrucktopf (Pressure Canner / Schnellkochtopf)

Das funktionale Äquivalent zum Autoklaven für das Heimlabor. Durch den Aufbau von Druck (typischerweise 15 PSI) wird der Siedepunkt des Wassers von 100 °C auf die für die Sterilisation erforderlichen 121°C angehoben.Er wird zur Sterilisation von Getreidegläsern (Körnerbrut), Substratbeuteln und Agar-Nährböden verwendet.

Dübelbrut (Dowel Spawn)

Kleine, sterile Holzdübel, die mit Myzel durchwachsen sind.Diese Form der Brut wird fast ausschließlich für die Beimpfung von Baumstämmen im Freien verwendet, da die Dübel einfach in Bohrlöcher eingeschlagen werden können.

Erntewelle (Flush)

Pilze fruchten typischerweise nicht kontinuierlich, sondern in diskreten "Wellen" oder "Schüben", im Englischen als Flush bezeichnet.   

  • Erster Flush: Die erste Erntewelle ist fast immer die größte und ertragreichste.
  • Folge-Flushes: Nach der Ernte der ersten Welle (meist durch Abschneiden oder Abdrehen der Fruchtkörper) benötigt das Myzel eine Ruhe- und Erholungsphase von typischerweise 14 bis 21 Tagen. In dieser Zeit mobilisiert es verbleibende Nährstoffe und Wasser im Substrat, um eine zweite, meist kleinere Welle (Second Flush) von Fruchtkörpern zu produzieren. Je nach Nährstoffgehalt des Substrats können auch eine dritte oder vierte Welle folgen, die jedoch progressiv kleiner werden.
FAE - Fresh Air Exchange

FAE, oder Frischluftzufuhr, ist einer der wichtigsten Begriffe in der Pilzzucht. Er bezeichnet den Prozess des aktiven oder passiven Austauschs von verbrauchter, CO2-reicher Luft innerhalb des Zuchtbehälters gegen frische, sauerstoffreiche Umgebungsluft.Ein Mangel an FAE führt unweigerlich zu einer Anreicherung von CO2.

Fruchtkörper

Die Reproduktionsstruktur

Der Fruchtkörper ist jene Struktur, die im allgemeinen Sprachgebrauch als "der Pilz" (z.B. ein Champignon oder ein Steinpilz) bezeichnet wird. Biologisch gesehen ist diese Definition jedoch ungenau. Der Fruchtkörper ist nicht der Pilz selbst, sondern lediglich das temporäre und sichtbare Fortpflanzungsorgan, das vom unterirdischen oder im Substrat verborgenen Myzel gebildet wird.   

Die einzige biologische Funktion des Fruchtkörpers besteht in der Produktion und der anschließenden Verbreitung von Sporen.

Fruchtung / Fruiting

Sobald das Substrat vollständig vom Myzel kolonisiert wurde (es erscheint oft dicht weiß), muss der Züchter aktiv eingreifen, um dem Myzel zu signalisieren, dass es vom vegetativen Wachstumsmodus in den reproduktiven Modus (Fruchtkörperbildung) wechseln soll.   

Dieser Wechsel wird durch die Simulation einer "herbstlichen Umgebung" ausgelöst. Die vier primären Fruchtungs-Trigger sind:   

  1. Temperaturabsenkung: Eine deutliche Absenkung der Umgebungstemperatur (siehe auch "Cold Shock", Teil IV.F).   
  2. Frischluftzufuhr (Gasaustausch): Der wichtigste Trigger. Die CO2-reiche Luft aus der Inkubationsphase wird durch sauerstoffreiche Frischluft ersetzt. Der drastische Abfall des CO2-Spiegels ist ein Schlüsselsignal.   
  3. Lichteinwirkung: Die Einführung eines Lichtzyklus (z.B. 12 Stunden Licht, 12 Stunden Dunkelheit). Licht wird für die korrekte Entwicklung der Fruchtkörper benötigt.   
  4. Hohe Luftfeuchtigkeit: Gleichzeitige Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit (RH) auf 85-95%, um das Austrocknen der empfindlichen Fruchtkörper-Anlagen zu verhindern. 
Fruktifikation (Fruchtungsphase)

Die Fruktifikation, oder Fruchtungsphase, bezeichnet den Zeitraum, in dem die winzigen Primordien (Pins) zu vollwertigen, erntereifen Fruchtkörpern heranwachsen.

Diese Phase ist oft durch ein extrem schnelles Wachstum gekennzeichnet. Unter optimalen Bedingungen können sich Primordien innerhalb von 5 bis 10 Tagen zu erntereifen Pilzen entwickeln. Während dieser Phase müssen die in Phase 2 eingestellten Umweltbedingungen (Licht, niedrige CO2, hohe Luftfeuchtigkeit) konstant aufrechterhalten werden.

Hut (Pileus)
  • Der obere, oft schirmförmige Teil des Fruchtkörpers, der die sporentragende Schicht (das Hymenium) schützt. Seine Form (z.B. kegelig, gewölbt, flach, trichterförmig), Farbe und Oberflächenbeschaffenheit sind wichtige Merkmale. Ein Hut wird als hygrophan bezeichnet, wenn er seine Farbe je nach Feuchtigkeitsgehalt ändert, typischerweise durch Verblassen beim Trocknen.   
  • Stiel (Stipe): Die Struktur, die den Hut trägt und ihn über das Substrat erhebt, um die Sporenverbreitung (meist durch Wind) zu erleichtern. Der Stiel kann je nach Art voll, hohl, faserig oder brüchig sein. Einige Pilzarten, insbesondere solche, die direkt auf Holz wachsen (z.B. der Austernpilz), bilden nur einen rudimentären oder gar keinen Stiel aus.
Hymenium / Hymenophor

Dies ist die Gewebeschicht an der Unterseite des Hutes, an der die Sporen produziert werden. Ihre Struktur ist ein primäres Klassifizierungsmerkmal:

  • Lamellen (Gills): Dünne, blattartige Strukturen, die radial vom Stiel zum Hutrand verlaufen. Pilze mit dieser Struktur werden als "Blätterpilze" bezeichnet.   
  • Röhren (Tubes) / Poren (Pores): Ein schwammartiges Geflecht aus Tausenden von feinen, senkrechten Röhrchen. Die Öffnungen dieser Röhrchen sind an der Hutunterseite als Poren sichtbar. Pilze mit dieser Struktur werden als "Röhrenpilze" bezeichnet.

Hyphe (Hypha)

Die Hyphe ist die mikroskopische Grundeinheit eines Pilzes. Es handelt sich um eine lange, fadenförmige und oft stark verzweigte Zellstruktur.Diese fadenförmigen Zellen stellen den primären Modus des vegetativen (nicht-sexuellen) Wachstums dar.Bei den Echten Pilzen (Fungi) besteht die Zellwand dieser Strukturen primär aus Chitin, einem robusten Polymer, das sie von Pflanzen (mit Zellulosewänden) unterscheidet.Hyphen weisen ein polares Wachstum auf, was bedeutet, dass sie ausschließlich an ihren äußersten Enden, den sogenannten "Spitzenkörpern", wachsen.

Inkubation (Kolonisierungsphase)

Diese Phase, oft auch als "Spawn Run" oder "Durchwachsphase" bezeichnet, beginnt unmittelbar nach der Inokulation des Substrats mit der Pilzbrut. Während dieser Zeit wächst das Myzel von den Brutkörnern aus in das neue Substrat hinein und durchdringt ("kolonisiert") es vollständig.   

  • Dauer: Je nach Pilzart, Substrat und Temperatur dauert diese Phase typischerweise 7 bis 14 Tage.   
  • Umweltbedingungen: Die Inkubationsphase hat sehr spezifische Anforderungen, die sich stark von der späteren Fruchtungsphase unterscheiden:Dunkelheit: Licht wird nicht benötigt und kann bei einigen Arten sogar die Fruchtung unerwünscht früh auslösen.   Wärme: Die ideale Temperatur ist oft höher als bei der Fruchtung, typischerweise im Bereich von 20-24°C.   Hohes CO2: Das Myzel produziert beim Verstoffwechseln des Substrats aktiv CO2. In einem versiegelten Zuchtbeutel oder -behälter reichert sich dieses CO2 stark an. Hohe CO2-Konzentrationen fördern das vegetative Myzelwachstum und unterdrücken gleichzeitig die Bildung von Fruchtkörpern.
Inokulation (Beimpfen)

Die Inokulation, oft auch als "Beimpfen" bezeichnet, ist der technische Akt des Einbringens der Pilzbrut (Spawn) oder einer Reinkultur in oder auf das vorbereitete, wärmebehandelte Substrat.   

Dies ist der kritischste und anfälligste Schritt im gesamten Zuchtprozess, insbesondere bei der Arbeit mit vollständig sterilisierten Substraten. Sobald der sterile Behälter (Glas oder Beutel) geöffnet wird, ist das nährstoffreiche Substrat ein ungeschütztes Ziel für jede Schimmelspore in der Luft. Diese Arbeit muss daher unter den saubersten möglichen Bedingungen (idealerweise vor einer Laminar Flow Hood) oder zumindest in einer Still Air Box (SAB, eine improvisierte sterile Werkbank) durchgeführt werden, um das Risiko einer Kontamination zu minimieren.

Kaltpasteurisierung (Calciumhydroxid

Eine alternative Pasteurisierungsmethode, die nicht auf Hitze, sondern auf einen hohen pH-Wert (Alkalität) setzt. Das Substrat (typischerweise Stroh) wird in eine wässrige Lösung von Calciumhydroxid (Ca(OH)₂, auch bekannt als Löschkalk oder gelöschter Kalk) getaucht. Der resultierende stark alkalische pH-Wert tötet die meisten Konkurrenzorganismen ab oder hemmt deren Wachstum, während das Pilzmyzel (nach dem Abtropfen) tolerant genug ist, um das Substrat zu besiedeln.

Klonen (Cloning)

Klonen ist eine Methode der asexuellen (vegetativen) Vermehrung, um Myzel von einem spezifischen Fruchtkörper zu gewinnen.   

  • Prozess: Im Gegensatz zu einer Sporenkultur (die sexuelle Vermehrung darstellt) wird beim Klonen ein Fruchtkörper mit wünschenswerten Eigenschaften (z.B. besonders groß, schnell wachsend) ausgewählt. Unter sterilen Bedingungen (vor einem LFH) wird der Fruchtkörper aufgebrochen (nicht geschnitten, um Kontaminanten von der Oberfläche nicht nach innen zu ziehen). Ein kleines Stück steriles Gewebe wird aus dem Inneren des Stiels oder Hutes entnommen. Dieses Gewebestück wird auf einen sterilen Nährboden (Agar, siehe Teil II.E) gelegt, wo das Myzel direkt aus dem Gewebe herauswächst.
Kohlendioxid CO₂

Kohlendioxid (CO₂) ist ein natürliches Stoffwechsel-Nebenprodukt des Myzels. Es ist jedoch nicht nur ein Abfallprodukt, sondern der primäre Umweltschalter, den der Züchter nutzt, um die Wachstumsphasen der Kultur zu steuern.   

  • In der Inkubationsphase (IV.A): Der Züchter wünscht hohe CO₂-Werte (oft über 5,000 ppm). Der Behälter (Beutel oder Monotub) bleibt versiegelt. Das hohe CO2-Niveau signalisiert dem Myzel, im Substrat zu bleiben und sich vegetativ auszubreiten.   
  • In der Fruchtungsphase (IV.D): Der Züchter initiiert FAE, um den CO₂-Spiegel drastisch zu senken (auf empfohlene Werte unter 1,000 ppm, idealerweise um 800 ppm ). Dieser plötzliche Abfall, kombiniert mit der Einführung von Licht und dem Temperaturschock , ist das entscheidende Signal für das Myzel: "Die Oberfläche ist erreicht, die Bedingungen sind ideal. Stoppe das vegetative Wachstum und beginne mit der Reproduktion (Fruchtkörperbildung)".   

Wenn der CO2-Gehalt während der Fruchtung zu hoch bleibt (mangelnder FAE), führt dies zu physiologischen Deformitäten der Fruchtkörper, typischerweise zu übermäßig langen Stielen und sehr kleinen, unterentwickelten Kappen, da der Pilz "nach Luft sucht".

Kontamination

In der Pilzzucht bezeichnet der Begriff Kontamination die unerwünschte Verunreinigung  des Nährmediums (Agar) oder des Fruchtungssubstrats mit konkurrierenden Mikroorganismen. Zu diesen Konkurrenten gehören primär Bakterien und andere, aggressivere Pilzarten, die allgemein als Schimmel bezeichnet werden.   

Ein vorbereitetes Pilzsubstrat ist per Definition nährstoffreich und feucht – die idealen Bedingungen nicht nur für den zu züchtenden Pilz, sondern für eine Vielzahl von Mikroben. Kontamination ist der häufigste Grund für das Scheitern von Pilzkulturen, da die "Kontaminanten" oft schneller wachsen und das Substrat vor dem Zielmyzel besiedeln. Die gesamte Disziplin der Pilzzucht basiert daher auf Techniken, die dem Zielmyzel einen sterilen oder zumindest konkurrenzarmen Start ermöglichen.

Kälteschock / Cold Shock

Dies ist eine spezifische Technik, die bei einigen Pilzarten (insbesondere solchen, die im Herbst fruchten) zur Einleitung der Fruchtung (Phase 2) eingesetzt wird. Das vollständig kolonisierte Substrat wird dabei bewusst für einen definierten Zeitraum (z.B. 12-24 Stunden) einer signifikant niedrigen Temperatur ausgesetzt, beispielsweise durch Lagerung im Kühlschrank.

Dieser Temperaturschock dient zwei Zwecken: Erstens bricht er die physiologische Ruhe (Dormanz) des Myzels. Zweitens synchronisiert er die Primordienbildung. Anstatt dass die Pins über einen längeren Zeitraum vereinzelt erscheinen, bewirkt der Schock, dass die meisten Primordien gleichzeitig initiiert werden. Dies führt zu einer sehr dichten, gleichmäßigen und oft ertragreicheren ersten Erntewelle (Flush).

Körnerbrut (Grain Spawn)

Die mit Abstand häufigste Brut-Art für die Zucht auf Substratblöcken. Sie besteht aus sterilisierten Getreidekörnern (z.B. Roggen, Weizen, Hirse), die in einem Glas oder Beutel mit Myzel von einer Agarplatte oder aus einer Flüssigkultur beimpft wurden.Die Körner dienen als nährstoffreiche Startpunkte, von denen aus das Myzel das Substrat erobert

Lamellen (Gills)
  • Dünne, blattartige Strukturen, die radial vom Stiel zum Hutrand verlaufen. Pilze mit dieser Struktur werden als "Blätterpilze" bezeichnet.   
Laminar Flow Hood (LHF) / Sterile Werkbank
  • Ein kritisches Gerät für fortgeschrittene Pilzzucht, das einen Arbeitsplatz mit einer konstanten, unidirektionalen ("laminaren") Strömung von extrem sauberer, gefilterter Luft bereitstellt.   
  • Funktion: Umgebungsluft wird durch einen HEPA-Filter (High-Efficiency Particulate Air) angesaugt. Dieser Filter fängt 99.99% (oder mehr) aller in der Luft befindlichen Partikel, einschließlich Bakterien und Schimmelsporen, ab. Die sterile Luft wird dann in einem laminaren Strom über den Arbeitsbereich geblasen (bei horizontalen Geräten: von hinten nach vorne, auf den Benutzer zu).   
  • Abgrenzung: Es ist wichtig, einen LFH von einer biologischen Sicherheitswerkbank (Biosafety Cabinet) oder einem Abzug (Fume Hood) zu unterscheiden. Ein LFH bläst die sterile Luft auf den Benutzer zu und schützt so das Produkt (die Pilzkultur) vor Kontamination durch den Benutzer oder die Raumluft. Eine Sicherheitswerkbank hingegen saugt Luft an und filtert die Abluft, um den Benutzer vor dem Produkt (z.B. Krankheitserregern) zu schützen.   

Die Notwendigkeit eines LFH ergibt sich aus der "Kette der Asepsis". Ein im Dampfdrucktopf sterilisiertes Substratglas ist zunächst vollkommen keimfrei. Dieser Zustand ist jedoch wertlos, wenn das Glas in normaler Raumluft geöffnet wird, die unweigerlich mit Tausenden von Schimmelsporen pro Kubikmeter belastet ist. Der LFH schafft die notwendige sterile „Blase“, um aseptische Transfers durchzuführen – sei es die Übertragung von Myzel von einer Petrischale auf Getreide oder von Körnerbrut auf ein sterilisiertes Substrat.

Luftfeuchtigkeit (Relative Feuchte - RH)

Pilzfruchtkörper bestehen zu etwa 90 % aus Wasser. Die Aufrechterhaltung einer sehr hohen relativen Luftfeuchtigkeit (RH) ist daher für eine erfolgreiche Fruktifikation unerlässlich.

Die winzigen Primordien (Pins) besitzen keine schützende Haut und sind extrem anfällig für Austrocknung. Eine Umgebung mit einer RH von 85-95%ist notwendig, um diese "Pins" am Leben zu erhalten und ihr Wachstum zu ausgewachsenen Fruchtkörpern zu ermöglichen. Zuchtsysteme wie Monotubsoder spezielle Zuchtbeutel (mit Folienhaube)sind darauf ausgelegt, ein Mikroklima zu schaffen, das diese hohe Feuchtigkeit passiv aufrechterhält.

MEA (Malzextrakt-Agar)

Einer der am häufigsten verwendeten Nährböden in der Mykologie. Er gilt als universelles Medium, das für die meisten Pilzgattungen, insbesondere für holzzersetzende Pilze, gut geeignet ist. Seine Hauptbestandteile sind typischerweise Malzextrakt (als Kohlenhydratquelle), Agar-Agar (als Geliermittel) und oft ergänzende Nährstoffe wie Trockenhefe oder Pepton.

Mikrofilterbeutel (Pilzzuchtbeutel)

Dies ist die Standardmethode im kommerziellen Anbau und eine sehr verbreitete Methode im Hobbybereich, oft als "All-in-One" (AIO) Beutel verkauft.  

  • Aufbau: Das System besteht aus einem speziellen Mikrofilterbeutel. Diese Beutel bestehen aus robustem, hitzebeständigem Polypropylen (PP), was sie autoklavierbar (im Dampfdrucktopf sterilisierbar) macht.
  • Funktion (Filter-Patch): Das entscheidende Merkmal ist ein eingebauter Mikrofilter-Patch (z.B. mit einer Porengröße von 0,2 µm oder 0,5 µm). Dieser Filter ist ein zentraler Bestandteil: Er ermöglicht den notwendigen Gasaustausch während der Inkubationsphase (Sauerstoff kann eintreten, CO₂ kann entweichen), verhindert aber gleichzeitig das Eindringen von Kontaminanten (Bakterien, Schimmelsporen) von außen.
  • Verwendung: Der Beutel wird mit dem Substrat (z. B. Körnerbrut oder supplementiertem Sägemehl) befüllt, versiegelt (oft mit einem Folienschweißgerät) und anschließend im Dampfdrucktopf sterilisiert. Nach dem Abkühlen wird er unter sterilen Bedingungen beimpft. Einige Beutel verfügen über einen selbstheilenden Injektionsport, der die Beimpfung mit einer Spritze ohne Öffnen des Beutels ermöglicht. Der Beutel bleibt von der Inkubation bis zur Ernte versiegelt, was das Kontaminationsrisiko im Vergleich zu einem Monotub erheblich reduziert.
Monotub

Der Monotub ist eine der populärsten und kostengünstigsten Methoden für die Pilzzucht im Heimlabor. Es handelt sich um eine modifizierte Fruchtungskammer.

  • Aufbau: Das System basiert auf einer großen, meist durchsichtigen Plastikbox mit Deckel. Auf dem Boden der Box wird die (kolonisierte) Körnerbrut mit einem pasteurisierten Bulk-Substrat (z.B. einer Mischung aus Kokosfasern, Vermiculit und Gips, bekannt als "CVG") vermischt. In die Wände der Box werden Löcher gebohrt, die den Gasaustausch regulieren.   
  • Funktion: Der Monotub ist ein semi-passives System, das beide Phasen des Wachstums abbildet.
  1. Inkubation: Die Löcher werden mit Klebeband verschlossen. Das Myzel kolonisiert das Substrat, wobei sich der CO₂-Gehalt in der Box stark anreichert.   
  2. Fruchtung: Das Klebeband wird entfernt, und die Löcher werden mit einem Filtermaterial (z.B. Polyfill-Watte oder Mikroporen-Filter) gestopft. Dies ermöglicht einen kontrollierten Gasaustausch (FAE) und senkt den CO₂-Spiegel, während die hohe Verdunstungsfläche im Inneren eine hohe Luftfeuchtigkeit aufrechterhält.
Multikultur (Multi-Spore Culture)

Diese Kultur entsteht, wenn man Sporen (z. B. von einem Sporenabdruck) auf einem Nährboden keimen lässt.

Da Sporen das Produkt der sexuellen Rekombination sind, ist jede Spore genetisch einzigartig. Das resultierende Myzelgeflecht besteht daher aus vielen verschiedenen, genetisch einzigartigen Organismen, die miteinander um das Substrat konkurrieren.

Mykologie

Die Lehre von den Pilzen

Die Mykologie, oder Pilzkunde, ist die spezialisierte wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung der Pilze befasst. Dieses Fachgebiet untersucht den Aufbau, den Stoffwechsel, die Ökologie und die systematische Klassifizierung von Pilzen. Historisch gesehen hat sich die Mykologie als ein fundamentales Feld der Biologie etabliert.   

Für die Zwecke dieses Lexikons ist die Unterscheidung zwischen akademischer und angewandter Mykologie von zentraler Bedeutung. Während die akademische Mykologie die Taxonomie, Genetik und ökologische Rolle von Pilzen im Detail erforscht, ist die Pilzzucht die praktische angewandte Mykologie. Sie nutzt das wissenschaftliche Verständnis der Pilzbiologie, um Pilze gezielt für den menschlichen Gebrauch – sei es als Nahrungsmittel, Medizin oder für biotechnologische Zwecke – zu kultivieren. Dieses Lexikon konzentriert sich primär auf die Terminologie dieser angewandten Disziplin.

Mykorrhiza

Bezeichnet eine symbiotische (gegenseitig vorteilhafte) Lebensgemeinschaft zwischen dem Myzel eines Pilzes und den Feinwurzeln einer lebenden Pflanze. Der Pilz erweitert das Wurzelsystem der Pflanze und liefert ihr schwer zugängliche Mineralien (insbesondere Phosphor) und Wasser aus dem Boden. Im Gegenzug erhält der Pilz von der Pflanze lebenswichtige Kohlenhydrate (Zucker), die diese durch Fotosynthese produziert.

Diese ökologische Unterscheidung diktiert die Kultivierungsmethode vollständig. Saprophyten (wie Austernpilze, Shiitake, Kräuterseitlinge oder Champignons) sind das Hauptziel der Hobby- und kommerziellen Pilzzucht. Da sie sich vontotem Material ernähren, können sie relativ einfach auf vorbereiteten, pasteurisierten oder sterilisierten Substraten wie Stroh, Sägemehl, Holzpellets oder Kompost kultiviert werden.Mykorrhizapilze (wie Steinpilze, Pfifferlinge oder die hochgeschätzten Trüffel) können nicht auf diese Weise kultiviert werden. Sie sind für ihre Ernährung zwingend auf einen lebenden Pflanzenpartner angewiesen. Die „Zucht“ von Trüffeln erfordert daher nicht das sterile Beimpfen von Substrat in einem Labor, sondern das Anlegen ganzer Plantagen mit Wirtsbäumen (z. B. Eichen), deren Wurzelsysteme zuvor mit dem Trüffelmyzel inokuliert wurden.

Myzel (Mycelium)

Das Myzel (Plural: Myzelien) ist die Bezeichnung für die Gesamtheit aller Hyphen eines Pilzorganismus.Es bildet eine komplexe, oft wurzelähnliche und dicht verflochtene Masse.In der Mykologie ist das Verständnis essenziell, dass das Myzel deneigentlichen Pilzorganismusdarstellt.Der größte Teil dieses Organismus bleibt typischerweise unsichtbar, da er im Substrat (wie Erde, Totholz oder Kompost) verborgen wächst.

Die primäre Funktion des Myzels ist die Ernährung. Es durchwächst das Nährmedium (Substrat) und sondert an seiner Oberfläche starke extrazelluläre Enzyme ab. Diese Enzyme zersetzen komplexe biologische Polymere in der Umgebung (wie Zellulose oder Lignin) in kleinere, lösliche Moleküle (Monomere), die anschließend vom Myzel absorbiert werden können.In der Pilzzucht ist die Phase, in der das Myzel das Substrat vollständig durchwächst, bekannt als die Kolonisierungs- oder Inkubationsphase.

PF-Tek

Die PF-Tek (ein Akronym für "Psilocybe Fanaticus Technique") ist eine klassische und weit verbreitete Zuchtmethode, die in den 1990er Jahren populär wurde. Sie gilt als ideal für Anfänger, da sie kostengünstig ist und keine spezialisierte Laborausrüstung wie einen Dampfdrucktopf oder eine Laminar Flow Hood zwingend erfordert.

  • Substrat: Die Methode verwendet ein spezifisches, standardisiertes Substrat, das oft als "PF-Substrat" bezeichnet wird. Es besteht aus einer Mischung von Vermiculit, braunem Reismehl (BRF) und Wasser. Das Vermiculit dient primär der Wasserspeicherung und der Schaffung einer lockeren, luftigen Struktur, während das Reismehl die notwendigen Nährstoffe liefert.
  • Methode: Das Substrat wird in Sturzgläser (Gläser, die sich nach oben hin erweitern, ohne "Schultern") gefüllt. Wichtig ist eine obere, trockene Schicht aus reinem Vermiculit, die als natürliche Barriere gegen Kontaminationen dient.
  • Sterilisation: Die Gläser werden verschlossen (oft mit Löchern im Deckel für die spätere Beimpfung) und in einem normalen Topf mit Deckel gedämpft (ca. 1,5 Stunden), obwohl ein Dampfdrucktopf (Sterilisation) effektiver ist.
  • Inokulation & Fruchtung: Die abgekühlten Gläser werden durch die Löcher im Deckel mit einer Sporenlösung beimpft. Nach der vollständigen Kolonisierung (der Inhalt ist komplett weiß) werden die festen Substrat-"Kuchen" (Cakes) aus den Gläsern gestürzt und in eine Fruchtungskammer (z.B. einen Monotub oder eine einfache Plastikbox) überführt, um dort Fruchtkörper zu bilden.
Pasteurisierung

Ein Prozess zur Reduzierung der meisten konkurrierenden Fremdorganismen.   

  • Methode: Das Substrat wird mit heißem, aber nicht kochendem Wasser behandelt (z. B. Eintauchen in 75-80 °C heißes Wasser für 60–90 Minuten) oder in drucklosem Dampf erhitzt (eine „Super-Pasteurisierung“ bei über 95 °C für 12 Stunden oder mehr).   
  • Ziel-Substrate: Diese Methode wird typischerweise für nährstoffarme Substrate wie Stroh, Strohpellets oder Kokosfasern (Coco Coir) angewendet. 
Petrischale (Petri Dish)

Eine flache, runde Laborschale mit Deckel, die typischerweise aus Glas oder Polystyrol besteht und mit einem sterilen Nährmedium befüllt wird.

Pilzbrut (Spawn)

Pilzbrut (engl. Spawn) ist ein Trägermaterial, das bereits vollständig und gesund von einem etablierten Pilzmyzel besiedelt wurde. Es dient als potenter "Impfstoff" (Inokulum), um das finale, pasteurisierte oder sterilisierte Fruchtungssubstrat in kurzer Zeit zu besiedeln. Die Verwendung von Brut anstelle von Sporen verkürzt die Kolonisierungszeit drastisch und verringert das Kontaminationsrisiko, da das aggressive Myzel einen Wachstumsvorsprung hat.

Pilzzuchtbeutel (Mushroom Grow Bag)

Eine alternative und bei kommerziellen Züchtern gängige Methode ist die Verwendung von speziellen Pilzzuchtbeuteln. Diese werden oft als "All-in-One" (AIO) Systeme verkauft.   

  • Aufbau: Diese Systeme bestehen aus einem autoklavierbaren Plastikbeutel, der bereits das (oft sterilisierte) Substrat enthält. Die Beutel verfügen über einen integrierten Filter-Patch. Dieser Patch ist eine Membran, die Gasaustausch (O2 rein, CO2 raus) erlaubt, aber das Eindringen von mikrobiellen Kontaminanten (Sporen, Bakterien) verhindert.   
  • Funktion: Die Inokulation erfolgt oft durch eine selbstheilende Injektionsport. Der Beutel bleibt von der Inkubation bis zur Ernte versiegelt. Dies reduziert das Kontaminationsrisiko im Vergleich zu einem Monotub erheblich, da das Substrat zu keinem Zeitpunkt der offenen Raumluft ausgesetzt wird.
Primordienbildung (Pinning)

Als direkte Reaktion auf die Fruchtungs-Trigger (Phase 2) beginnt das Myzel, sich an Tausenden von Punkten an der Oberfläche zu verdichten und kleine "Knoten" oder "Knubbel" zu bilden.   

  • Primordium (Pl. Primordien): Dies ist die Bezeichnung für diese erste sichtbare Fruchtkörperanlage. Sie beginnt oft als stecknadelkopfgroße Ansammlung von Myzel. Diese Strukturen werden im Züchterjargon oft als "Pins" (von engl. pinhead) bezeichnet. Sie sind die embryonalen Fruchtkörper.
Primordium (Pl. Primordien)

Dies ist die Bezeichnung für diese erste sichtbare Fruchtkörperanlage. Sie beginnt oft als stecknadelkopfgroße Ansammlung von Myzel.Diese Strukturen werden im Züchterjargon oft als "Pins" (von engl.pinhead) bezeichnet. Sie sind die embryonalen Fruchtkörper.

Reinkultur (Pure Culture / Monoculture)

Diese Kultur entsteht durch dasKloneneines einzelnen Fruchtkörpers.Das gesamte Myzelgeflecht, das aus diesem Klon wächst, ist einegenetisch identische Kopie(ein Klon) des Mutterpilzes.

Reismehl (Braunes Reismehl - BRF)

Ein weit verbreitetes Supplement, das als primäre Nährstoffquelle in der PF-Tek-Methode dient. Dort wird es mit Vermiculit und Wasser zu einem nährstoffreichen "Kuchen" vermischt.

Röhren (Tubes) / Poren (Pores)
  • Ein schwammartiges Geflecht aus Tausenden von feinen, senkrechten Röhrchen. Die Öffnungen dieser Röhrchen sind an der Hutunterseite als Poren sichtbar. Pilze mit dieser Struktur werden als "Röhrenpilze" bezeichnet.
Saprophyt (Saprobiont)

Ein Organismus, der sich von totem, organischem Material ernährt. Diese Pilze sind die primären Zersetzer in Ökosystemen und bauen komplexe Moleküle wie Lignin und Zellulose in Totholz, Stroh oder Laub ab.

Sporen

Die Grundlage der Vermehrung

Sporen sind die mikroskopisch kleinen, meist einzelligen Reproduktionseinheiten der Pilze. Sie fungieren als das biologische Äquivalent zu den Samen einer Pflanze. Sie werden in astronomischen Mengen von der Fruchtschicht (Hymenium) des reifen Fruchtkörpers produziert und an die Umwelt abgegeben. Unter geeigneten Bedingungen (Feuchtigkeit, Temperatur, Nährstoffe) keimt eine Spore (oder bei vielen Ständerpilzen: zwei kompatible Sporen fusionieren) und bildet eine neue Hyphe, die sich zu einem neuen, genetisch einzigartigen Myzel entwickelt.

Sporenabdruck (Spore Print)

Ein Sporenabdruck ist eine einfache und effektive Methode zur Sammlung und Lagerung von Pilzsporen.   

  • Prozess: Der Hut eines reifen (aber nicht überreifen) Fruchtkörpers wird abgetrennt und mit der Fruchtschicht (Lamellen oder Poren) nach unten auf ein sauberes Trägermaterial gelegt (z.B. sterilisierte Alufolie, Glas oder Papier). Über einige Stunden bis zu einem Tag fallen die reifen Sporen aus dem Hut und hinterlassen ein dichtes, farbiges "Abdruck"-Muster, das die Anordnung der Lamellen widerspiegelt.   
  • Zweck: Der Abdruck wird getrocknet und luftdicht (z.B. in einem Ziplock-Beutel) und kühl gelagert. Sporen können in diesem trockenen Zustand über Jahre lebensfähig bleiben und dienen der langfristigen Sicherung der Genetik.

Sterilisation

Ein Prozess zur vollständigen Eliminierung aller lebenden Organismen und ihrer resistenten Sporen.   

  • Methode: Anwendung von gesättigtem Dampf unter hohem Druck, um Temperaturen weit über dem Siedepunkt zu erreichen. Der Standard ist 121 °C (erreicht bei 15 PSI oder ca. 1 bar Überdruck) für eine definierte Zeit (z.B. 90–120 Minuten für Körnerbrut, bis zu 2.5 Stunden für große Substratblöcke).   
  • Ziel-Substrate: Zwingend erforderlich für alle nährstoffreichen Substrate, wie Getreide (zur Herstellung von Körnerbrut), "Master’s Mix" (Sojaschalen und Holzpellets) oder jedes mit Kleie oder Mehl supplementierte Substrat.

Der zu treffende Aufwand – Pasteurisierung oder Sterilisation – wird direkt vom Nährstoffgehalt des Substrats diktiert. Dies stellt Züchter vor ein fundamentales Dilemma: Nährstoffarme Substrate (z.B. reines Stroh) sind für Bakterien und Schimmelpilze relativ unattraktiv. Eine Pasteurisierung reicht aus, um die meisten Konkurrenten abzutöten. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass einige nützliche, thermotolerante Mikroorganismen überleben können, die das Myzelwachstum sogar aktiv unterstützen können. Nährstoffreiche Substrate (z. B. Getreide, Sojaschalen) hingegen sind ein „Festmahl „für alle Mikroorganismen. Würde man ein solches Substrat nur pasteurisieren, würden die überlebenden hitzeresistenten Bakteriensporen (z.B.Bacillus-Arten) unter idealen Bedingungen "aufwachen" und sich explosionsartig vermehren, was das Substrat unweigerlich verderben lässt. Daher muss hier eine vollständige Sterilisation erfolgen, um eine mikrobiologische "tabula rasa" zu schaffen.

Dies führt zu einem Kompromiss: Höherer Nährstoffgehalt ermöglicht potenziell höhere Ernteerträge, erfordert aber einen technisch anspruchsvolleren Sterilisationsprozess und macht die Kultur bei der späteren Beimpfung extrem anfällig für Rekontamination.

Strohpellets

Eine beliebte und einfach zu handhabende Substratform, besonders für Anfänger. Sie bestehen aus stark komprimiertem Stroh und müssen lediglich mit (meist heißem) Wasser übergossen werden, um sie gleichzeitig zu hydratisieren und zu pasteurisieren. Sie eignen sich hervorragend für Austernpilze.

Substrat

Das Substrat ist die Nährstoffgrundlage, die das Myzel durchwächst (kolonisiert) und durch Zersetzung die Energie gewinnt, die es für das vegetative Wachstum und die spätere Bildung von Fruchtkörpern benötigt. Die Wahl des Substrats hängt von der Ökologie der zu züchtenden Pilzart ab.

  • Holzbasierte Substrate: Für holzzersetzende Pilze (Saprophyten) wie Shiitake, Igelstachelbart oder Austernpilze. Als Basis dienen meist Sägemehl, Holzhäcksel oder, am gängigsten, Hartholzpellets (z.B. Buche oder Eiche), die durch Wasserzugabe aufquellen.   
  • Strobasierte Substrate: Stroh (typischerweise Weizenstroh), entweder ganz gehäckselt oder in Pelletform. Dies ist das klassische Substrat für viele Austernpilzarten.   
  • Kaffeesatz: Kaffeesatz wird in der Hobby-Literatur oft als einfaches Anfängersubstrat beworben. Die mykologische Praxis zeigt jedoch ein differenzierteres Bild: Kaffeesatz ist zwar nährstoffreich, aber dadurch auch extrem anfällig für Kontaminationen, insbesondere Schimmel. Im kommerziellen Anbau spielt er praktisch keine Rolle. Für Hobbyzwecke sollte er, wenn überhaupt, nur als kleiner, nährstoffreicher Zusatz (z.B. 10-20%) zu einem pasteurisierten Substrat wie Stroh oder Kokosfaser verwendet werden.   
  • Supplementierte Substrate (z.B. Master’s Mix): Um den Ertrag zu maximieren, werden holzbasierte Substrate oft mit stickstoffreichen Materialien "supplementiert". Eine weit verbreitete Mischung ist der "Master’s Mix", der typischerweise aus gleichen Teilen Hartholzpellets und Sojaschalenpellets besteht. Wie in Teil II.B dargelegt, machen diese hohen Nährstoffwerte eine vollständige Sterilisation zwingend erforderlich.
Substratbrut

Verwendet Holzchips oder Strohhäcksel als Trägermaterial.

Sägemehl / Holzspäne

Einer der wichtigsten Rohstoffe für die Zucht von Edelpilzen. Es wird fast ausschließlich Laubholz (Hartholz) wie Buche oder Eiche verwendet, da Nadelholz oft pilzhemmende (fungizide) Harze enthält. Sägemehl bietet eine feine Struktur, die das Myzel leicht durchwachsen kann. Am gebräuchlichsten sind Hartholzpellets, die durch Wasserzugabe aufquellen.

Trauermücken (Fungus Gnats)

Trauermücken (Familie Sciaridae) sind kleine, schwarze Fliegen, die oft fälschlicherweise für Fruchtfliegen gehalten werden. Sie werden von feuchten, organischen Substraten (wie Pilzsubstrat oder Blumenerde) angezogen. In der Pilzzucht ist oft die Gattung Lycoriella dominant.   

  • Problem: Das Hauptproblem sind nicht die erwachsenen Fliegen, sondern ihre Larven, die im Substrat leben.   
  • Wirkung: Die Larven ernähren sich direkt vom Pilzmyzel. Ein starker Befall führt zu einer signifikanten Wachstumsverzögerung der Kultur, geringeren Erträgen  oder sogar zum Absterben des Myzels.   

Trauermücken stellen eine doppelte Bedrohung dar. Der direkte Schaden ist der Fraß der Larven am Myzel. Der indirekte, aber oft katastrophalere Schaden, besteht in ihrer Rolle als Vektor für Kontaminationen. Erwachsene Fliegen, die sich frei zwischen verschiedenen Substraten bewegen (z.B. einer befallenen Zimmerpflanze und einer sauberen Pilzkultur), übertragen Sporen von Konkurrenten. Eine Trauermückenplage  ist daher sehr oft der direkte Vorbote und die Ursache für einen schweren Ausbruch von Trichoderma.

Trichoderma (Grüner Schimmel)

Trichoderma ist eine Gattung von Schimmelpilzen (Ascomyceten), die weltweit in Böden allgegenwärtig ist. In der Pilzzucht ist sie der gefürchtetste Kontaminant und wird als "Green Mold Disease" (Grüner Schimmel) bezeichnet.   

  • Problem: Trichoderma ist ein extrem aggressiver und schnell wachsender Pilz. Er zeichnet sich durch ein schnell wachsendes, weißes, watteartiges Myzel aus, das bald Unmengen an grünen Sporen produziert (daher der Name).   
  • Wirkung: Er konkurriert nicht nur mit dem Kulturpilz um Nährstoffe und Raum , sondern parasitiert dessen Myzel oft aktiv, indem er es angreift und zersetzt. Eine Trichoderma-Infektion ist in der Regel nicht zu bekämpfen und führt zum Totalverlust der infizierten Kultur.   
  • Prävention: Die einzige wirksame Maßnahme ist die Prävention durch eine korrekte und gründliche Pasteurisierung  oder Sterilisation  des Substrats sowie strikt aseptische Arbeitsweisen bei der Inokulation.   

Interessanterweise ist Trichoderma ein klassisches Beispiel für einen "Januskopf"-Organismus. Während es der Erzfeind des Pilzzüchters ist , wird es in der Landwirtschaft als "Verbündeter"  geschätzt. Spezifische Stämme (z.B. T. harzianum) werden kommerziell als biologisches Kontrollmittel (Biocontrol Agent)  verkauft, um Pflanzenwurzeln vor anderen pathogenen Pilzen zu schützen, die es aggressiv verdrängt.